Ziel der Initiative:
"Im raschelnden Laub Kastanien sammeln. Einen Kuchen backen und dabei zuschauen, wie er aufgeht. Ein Spiel spielen, ohne auf die Uhr zu schauen. Gemeinsam malen – mit Pinsel, Stiften oder Fingerfarben. Über Lebensträume philosophieren und zusammen nach einem passenden Praktikumsplatz suchen. So oder so ähnlich kann es aussehen, wenn ehrenamtliche Pat*innen mit ihren Patenkindern den Nachmittag verbringen. Das Wichtigste, was sie für dieses Engagement mitbringen, ist ihre Zeit.
Seit 20 Jahren vermittelt der Kinderschutzbund in Braunschweig freiwillige Pat*innen an Familien, die sich in einer herausfordernden Lebenssituation befinden. Was genau die Menschen belastet kann sehr unterschiedlich sein: eine Trennung, eine Erkrankung, eine Fluchterfahrung. Durch die Patenschaft wird das hergestellt, was in unserer Gesellschaft – in der Familien oft vereinzelt und ohne den Rückhalt einer Großfamilie oder eines tragenden sozialen Netzwerks den Alltag bewältigen müssen – oft fehlt: eine langfristige zwischenmenschliche Beziehung. Mehr als 30 Ehrenamtliche sind aktuell für den Kinderschutzbund im Einsatz und betreuen mehr als 50 Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 18 Jahren sowie deren Familien. Der Bedarf ist allerdings deutlich höher, weiß Sophie Denecke, Koordinatorin der Patenschaften im Kinderschutzbund: „Momentan stehen zehn Familien auf der Warteliste.“ Ehrenamtliche Pat*innen werden also dringend gesucht.
Für das Ehrenamt sind keine besonderen Fähigkeiten erforderlich – und auch kein bestimmtes Alter. Was jedoch von Vorteil ist: Neugierig sein, sich offen auf die Kinder oder Jugendlichen und deren Lebenswelt einlassen. „Jeder Mensch bringt die eigenen Lebenserfahrungen mit, das ist sehr wertvoll. Deshalb ist grundsätzlich erst einmal Jede und Jeder geeignet.“ Die wichtigste Voraussetzung ist die Bereitschaft, einmal die Woche Zeit mit dem Patenkind oder auch der Familie zu verbringen. Zwei bis fünf Stunden dauern die Treffen, bei denen die Pat*innen mit den Kindern spielen, einen Ausflug machen oder einfach nur ein offenes Ohr haben – für die Kinder und Jugendlichen selbst oder deren Eltern.
Was sich nach einer intensiven Aufgabe anhört, birgt auch bereichernde Erfahrungen für die Ehrenamtlichen: Sie sind wertvolle Ansprechpersonen außerhalb eines Familiensystems, können den eigenen Horizont erweitern und Selbstwirksamkeit erfahren.
Denn: „In diesem Projekt kann man etwas bewirken und bekommt ganz viel zurück“, weiß Sophie Denecke. Ein wichtiges Anliegen des Projektes sei – gerade in Zeiten, in denen soziale Ungerechtigkeit und Fremdenfeindlichkeit zunehmen – den Familien zu vermitteln: „Ihr seid willkommen in unserer Stadt – und wir sind an Eurer Seite.“ Durch das Eintauchen in andere soziale oder kulturelle Lebenswelten gebe es auch für die Pat*innen wichtige Toleranzerfahrungen und die Erkenntnis: „Es gibt viel mehr, was uns verbindet, als was uns trennt.“
Als Pat*in erhalten Ehrenamtliche vom Kinderschutzbund intensive Unterstützung. Vorbereitende kostenlose Schulungen – etwa zu Themen wie Entwicklungspsychologie, sexuelle Identität oder interkulturelle Kompetenz –, regelmäßige Supervision, fachliche Beratung und ein wertvolles Netzwerk bilden die Grundlage für das Gelingen einer konstruktiven Patenschaft: „Die Pat*innen sollen selbst Freude haben – das ist uns total wichtig“, verdeutlicht Sophie Denecke. Wer Interesse hat, kann sich unverbindlich melden und in einem Kennenlerngespräch herausfinden, ob eine Patenschaft in Frage kommt."